General Zia und Ahmadiyya

Im Juli 1977 traf Bhuttos Pakistanische Volkspartei, die mit einer wirklich überraschenden Mehrheit an die Macht zurückgekehrt war, eine Vereinbarung mit den neun Oppositionsparteien. Die PPP würde auf einige ihrer Mandate verzichten um so den Klagen entgegenzutreten, dass die Wahlen manipuliert worden wären. Diese Vereinbarung sollte demnächst in einer Erklärung bekanntgemacht werden, die sich gerade in Vorbereitung befand.

An einem der folgenden Tage, morgens um 6.00 Uhr ließ General Zia-ul-Haq, Oberbefehlshaber der pakistanischen Streitkräfte, Bhutto sowie die Führer der neun Oppositionsparteien festnehmen. General Zia und die Kommandeure der fünf pakistanischen Regionen verkündeten die Verhängung des Kriegsrechts. Neuwahlen würden innerhalb von 90 Tagen abgehalten werden.

Das Volk war zuerst bereit zu glauben, dass er die Wahrheit sprach dass er beabsichtigte, mit der Korruption aufzuräumen und so schnell wie möglich das Land zur parlamentarischen Demokratie zurück zuführen.

Absolute Macht, so heißt es, sei absolut korrumpierend und dieses Diktum bewies sich in der Tat bei Zia als nur zu wahr. Die 90 Tage vergingen und es gab keine Wahlen. Es gab neue Versprechungen. Einer nach dem anderen fielen die Generäle, die ihm zunächst geholfen hatten, von ihm ab. Zia habe sie hintergangen, sagten sie.

Verurteilt von der Weltöffentlichkeit wegen seines Staatsstreichs gegen eine demokratisch gewählte Regierung war diese nun korrupt gewesen oder nicht – kämpfte Zia um Legitimation für sein illegales Regime. Er fand sie letztendlich darin, indem er Pakistan eine angeblich islamisch begründete Rechtsreform verordnete.

Mit diesen Gesetzen beschaffte er sich die Rückendeckung der Ulema und so präsentierte er der Welt erstmals den Anschein, von den religiösen Führern der Mehrheit des Landes unterstützt zu sein. Öffentliche Auspeitschungen und andere mittelalterliche Bestrafungen wurden eingeführt.

Er stellte die Fundamentalisten zufrieden und brachte die Masse der Bevölkerung durch Terror zum Schweigen. Zia war zum Diktator geworden. Er war nun absolut skrupellos geworden.

Um die Aufmerksamkeit der Bevölkerung von ihren eigentlichen Problemen abzulenken, ist eine wohlbekannte Strategie von Diktatoren die, eine religiöse oder ethnische Minderheit auszuwählen und die Funken der Intoleranz zu lodernder Flamme zu entfachen.

Genau das tat Zia. Die Verfolgung der Ahmadiyya Bewegung brach an, ihre Geschäfte wurden geplündert und angezündet und Banden wüteten vor wie in ihren Moscheen. Nicht wenige wurden aufgebrochen und verwüstet. Die Diskriminierung, wie sie bereits Bhutto in den Behörden betrieben hatte, nahm zu. Ahmadis, allein schon aufgrund ihres Glaubens der Auflehnung gegen öffentliche oder private Moralvorstellungen abhold, wurden vom Mob oder einzelne Rowdies zusammengeschlagen, andere wurden ermordet. Die Polizei unternahm in vielen Fällen nur wenig oder nichts, diese Straftaten zu verhindern oder sie aufzuklären.

Am Donnerstag, dem 26. April 1984, gab die „Gazette of Pakistan“ das Inkrafttreten der „Verordnung Numero zwanzig“ bekannt, erlassen unter Kriegsrecht vom Präsidenten Pakistans, Zia-ul-Haq. Sie sollte angeblich das Gesetz zum Verbot der Beteiligung der Qadian-Gruppe, der Lahori-Gruppe sowie der Ahmadis an anti-islamischen Aktivitäten novellieren.

Die berüchtigte Verordnung

Die folgenden neuen Absätze wurden in das Pakistanische Strafgesetzbuch unter Paragraph 292B eingefügt:

Missbrauch von Beinamen, Beschreibungen und Titeln, etc. die bestimmten heiligen Persönlichkeiten und Plätzen vorbehalten sind.

  1. Jedwede Person der Qadiani-Gruppe oder Lahori-Gruppe (die sich selbst „Ahmadis“ oder mit anderen Namen benennen) die mit Worten, gesprochen oder geschrieben, oder per sichtbarer Zurschaustellung,
    1. sich bezieht auf oder sich wendet an jegliche Person außer einem Kalifen oder Weggefährten des Heiligen Propheten Mohammed (Friede sei auf seinem Namen) als „Ameer-ul-Mumineen“, „Khalifa-tul-Mumineen“,“ Khalifa-tul-Muslimeen“, „Sahaabi“ oder „Razi Allah Anho“;
    2. sich bezieht auf oder sich wendet an jegliche andere Person als einer Gattin des Heiligen Propheten (Friede sei auf seinem Namen) als „Ummul-Mumineen“;
    3. sich bezieht auf sich wendet an jegliche Person außer einem Familienmitglied des Heiligen Propheten Mohammed (Friede sei auf seinem Namen) als „Ah-le-bait“; oder
    4. sich bezieht auf oder nennt oder anruft den Ort seines Gottesdienstes als „Masjid“; soll bestraft werden mit Gefängnis von bis zu drei Jahren Dauer und außerdem mit einer Geldstrafe belegt werden.
  2. Jedwede Person der Qadiani-Gruppe oder Lahori-Gruppe (die sich selbst „Ahmadis“ oder mit anderen Namen benennen), die mit Worten, gesprochen oder geschrieben oder per sichtbarer Zurschaustellung sich bezieht auf die Art und Form des Gebetrufes in Ausübung seines Glaubens als „Azan“ oder schreibt „Azan“ so, wie bei den Muslimen üblich, soll mit Gefängnis von bis zu drei Jahren Dauer bestraft werden und außerdem mit einer Geldstrafe belegt werden.“

Der Schlussabsatz der Verordnung lautet: „Jedwede Person der Qadiani-Gruppe oder Lahori-Gruppe (die sich selbst mit „Ahmadis“ oder mit anderen Namen benennen), die, direkt oder indirekt, sich selbst als Muslim bezeichnet oder benennt oder sich bezieht auf seinen Glauben als Islam oder seinen Glauben predigt oder propagiert in Worten, ob gesprochen oder geschrieben oder in sichtbarer Zurschaustellung oder auf andere Art und Weise, geeignet die religiösen Gefühle von Muslimen zu verletzen, soll mit Gefängnis von bis zu drei Jahren bestraft werden und außerdem mit einer Geldstrafe belegt werden.“

Die Reaktion der Welt war ungläubiges Erstaunen. Unter Pakistans Anwälten, Lehrern, Diplomaten und Geschäftsleuten verbreitete sich Betroffenheit -Scham, dass ihr Land hinab sank in totale religiöse Intoleranz, Entsetzen, dass ihres Landes Name nun in einem Atemzug genannt wurde mit ruchlosen Regimen, die ihre eigenen Bürger wegen ihrer Haut¬farbe oder ihrer Religion drangsalierten.

In Rabwah versammelte der Kalif seine erfahrensten Ratgeber um sich. Der Vorschlag seiner Ratgeber war einstimmig, er sollte Pakistan sofort verlassen.

Der Kalif nahm den Vorschlag seiner Amire und anderen Berater an, dass er Pakistan verlassen solle allerdings unter einer Bedingung – bis zum Zeitpunkt seiner Abreise dürfe kein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden sein, noch dürfe eine andere Note öffentlich bekannt geworden sein, wonach er etwa vor irgendeiner Kommission unter Anschuldigung irgendwelcher Gesetzesverstöße zu erscheinen hätte.

Falls irgendetwas dergleichen gegen ihn vorgebracht würde, würde er das Land nicht verlassen, sagte er. Der Preis, den die Gemeinde dann für seine Sicherheit zu zahlen hätte, wäre zu hoch.

Meine Ausreise unter solchen Umständen hätte den Leuten ermöglicht, das Kalifat zu beschmutzen, vielleicht nicht direkt, aber durch Gerüchte. Man könnte behaupten, ich wäre bestimmter Verbrechen schuldig und genau darum wäre ich davongelaufen. Genau dies war meine Befürchtung und ich war nicht gewillt, einen derartigen Verlauf der Dinge zuzulassen.

Widerstrebend akzeptierten die Amire seinen Entschluss. Die Vorbereitungen für seine Abreise wurden in die Hände eines pensionierten Armeeoffiziers gelegt. Der entschied, dass der Kalif Pakistan mit der KLM, der Niederländischen Fluglinie, verlassen sollte, mit der er auch sonst reiste. Ein Bote wurde nach Karachi gesandt, um die Plätze zu buchen, anstatt sie per Telefon zu reservieren, denn sie wussten, dass alle ihre Leitungen abgehört und alle Gespräche aufgezeichnet wurden.

Diese Woche gab es zwei KLM-Flüge ab Karachi, einer ging am frühen Montagmorgen, dem 30. April, der andere am Mittwoch, dem 2. Mai. Der Kalif hatte vorgeschlagen, den Mittwochflug zu wählen, damit er mehr Zeit hätte, seine Abreise vorzubereiten, aber als der Bote zurückkehrte, berichtete er, dass der KLM-Manager unbedingt wollte, dass er die Montagsmaschine nähme.

Für den Mittwochsflug gab es noch ausreichend Plätze, nicht aber für die Montagsmaschine. Der KLM-Manager hatte aber versichert, dass für Montag mindestens sechs Sitze zur Verfügung stehen würden. Er gab zunächst keinen Grund für seinen Vorschlag an, aber er wurde akzeptiert. Erst später erklärte er, dass die Mittwochsmaschine in einem Golfstaat zwischenlanden würde, während der Montagsflug nonstop nach Amsterdam ginge. Für den Fall, dass die pakistanische Regierung einen Dringlichkeitsantrag stellen würde, das den Kalifen als gesuchten Kriminellen auswiese, wäre es immerhin möglich, dass man ihn in einem Golfstaat verhaften und unter Arrest stellen könnte. Zu dieser Zeit stand das Hauptquartier der Gemeinde in Rabwah unter Observierung von nicht weniger als fünf Sicherheitsdiensten des Generals Zia. Sie waren auf allen Straßen in und um Rabwah.

Es war nicht schwer, sie zu entdecken. Eine Gruppe, die der Armee, war stets als Bettler verkleidet. Aber sie war wohl die einzige Gruppe von Bettlern auf der ganzen Welt, die in soliden Kampfstiefeln herumlief.

Der Kalif bestand darauf, dass es keine Lügen oder Täuschungen bei seiner Abreise geben dürfe. Weder wolle er sich verkleiden, noch falsche Papiere benützen. Wenn jedoch Zias Geheimdienste falsche Ermittlungen anstellten, das wäre dann allerdings deren Problem.

Und so konnte man dann am Morgen, kurz nach dem ersten Gebet, beobachten, wie der Wagen des Kalifen Rabwah verließ. Ein Mann, bekleidet mit dem weißen Obergewand oder achkan und dem gestärkten weißen pugree oder Punjabi-Turban mit goldenem Mittelteil, dem üblichen Anzug des Kalifen, saß im Fond.

Die Karosse des Kalifen hatte die übliche Eskorte. Seine Leibwächter, den Beobachtern wohlbekannt und alle gut sichtbar, saßen in diesen Wagen.

Die Ahmadis in den Straßen nahmen an, der Kalif wäre auf dem Wege nach dem circa 300 Kilometer entfernten Islamabad. Dies war auch die Erkenntnis durch vier der fünf Geheimdienste, die Rabwah beobachteten.

Im Fond des Mercedes saß nicht der Kalif, sondern sein drittältester Bruder, Mirza Munawwar Ahmad. Drei Stunden früher, um 2.00 Uhr, als es noch völlig dunkel war, hatten zwei andere Autos Rabwah verlassen. Sie nahmen eine Nebenstraße zur Kleinstadt Lalian und dann nach Jhang, und erst später die Hauptstraße nach Karachi, das noch 1.000 Kilometer entfernt lag. Im ersten Wagen saßen andere Männer aus der Sicherheitsabteilung des Kalifen. Im zweiten Wagen befand sich der Kalif.

Der pensionierte Armee-Offizier hatte darauf bestanden, dass nur die, die es unbedingt wissen mussten, von der endgültigen Entscheidung des Kalifen, das Land zu verlassen, unterrichtet werden sollten und der Kreis derer, die die Einzelheiten kennen durften, war noch kleiner.

Doch Gott hatte zwei Menschen bereits Bescheid gegeben, verriet der Kalif später.

Kurz nach der Entscheidung darüber, wie und wann der Kalif abreisen würde – was in zwei Tagen erfolgen sollte, traf ein Brief von Usman Chou, einem älteren Ahmadi ein. Herr Chou hatte einen Traum gehabt, den er nicht verstand, von dem er aber glaubte, dass er eine Art Botschaft für den Kalifen enthalten könnte. Er schrieb, in seinem Traum habe er gesehen, wie der Wagen des Kalifen gerade nach Islamabad abfuhr. Um seinen Respekt zu erweisen, habe er sich dem Fahrzeug genähert, aber als er hineinschaute, sei der Wagen leer gewesen.

Ich war schockiert und rief: „Der Kalif fährt aus, sein Wagen fährt ab, aber der Kalif ist nicht in seinem Wagen!“ Dann sagte mir eine Stimme, dass der Kalif in einem anderen Wagen gefahren sei und er ins Ausland ginge. Also begleitete ich diesen Wagen und anstatt direkt nach Islamabad zu fahren, fuhr er zuerst nach Jehlum, wo er über Nacht blieb.

Das war der Traum, der im Brief von Usman Chou geschildert wurde. Er enthielt den geheimen Plan, auf den man sich kurze Zeit zuvor festgelegt hatte.

Da wusste ich“, sagte der Kalif später, „dass der Plan Erfolg haben würde. Gott hatte ihn gebilligt. Ich hatte daher keinerlei Zweifel mehr an seinem Gelingen.

Der zweite Mensch, der eine Botschaft betreffs seiner Abreise empfing, obwohl sie nichts dergleichen erwartete, so sagt der Kalif, war seine Tochter Faiza. Sie war damals 23. Niemand in seiner Familie wusste von seiner bevorstehenden Abreise, aber am Tage vor seinem Aufbruch erzählte Faiza mit großer Sorge einen Traum, den sie in der Nacht zuvor gehabt hatte.

Sie hatte zwei Autos auf einer einsamen Straße gesehen und obwohl es nicht die üblichen Wagen des Kalifen gewesen wären, hätte sie gewusst, dass der Kalif darin war und dass er auf Reisen ging. Die Autos bremsten ab, als sie sich einer Stelle näherten, die so aussah, als würde die Straße ausgebessert Jedoch wurde nicht gearbeitet und keine Arbeiter waren zu sehen, nur Haufen von Schotter, die die Autos zwangen, langsam zu fahren.

Als sie Schritt fuhren, näherten sich einige Bettler. Deren Aussehen hätte ihr gar nicht gefallen und sie wäre sehr in Panik geraten. Plötzlich hätte sie eine Hand aus dem ersten Auto herauskommen sehen die einige Rupienscheine auf die Erde warf. Die meisten Bettler hätten sich auf das Geld gestürzt und die Autos wären weitergefahren, vorbei an den Schotterhaufen und dann weiter auf der Straße nach Karachi.

Was tatsächlich geschah, berichtet der Kalif, war, dass es zwischen Lalian und Jhang einige Stellen gab, wo das Hochwasser fast die gesamte Straße unterspült hatte. Sie wurden zwar repariert, aber sehr langsam. Der Geheimdienst der Armee hatte sich dieses Hindernis zunutze gemacht und an diesem Punkt seinen Beobachtungsposten installiert, Soldaten – wie üblich verkleidet als Bettler.

Die beiden mit dem Kalifen und dessen Begleitern besetzten Wagen hatten abgebremst und hervor kamen die „Bettler“, einige als Derwische gekleidet, nur mit einem Schurz. Aber alle sahen sie extrem gesund aus und trugen Kampfstiefel.

Die Bettler näherten sich dem zweiten Wagen und somit der sicheren Entdeckung des Kalifen, der auf dem Beifahrersitz saß, als einer seiner Leibwächter aus dem ersten Auto sein Fenster öffnete und eine Handvoll Rupien-Scheine hinauswarf. Die Bettler liefen, sie aufzuheben und der Wagen des Kalifen fuhr an, passierte die Kieshaufen, nahm wieder Fahrt auf und setzte seinen Weg fort.

Einige „Bettler“ hatten sich nicht um das auf der Erde liegende Geld gekümmert, dafür umso intensiver auf die Insassen gestarrt.

Im Laufe des Tages meldete eine Geheimdienst-Einheit der Armee dann auch, dass man möglicherweise den Kalifen in einem Wagen gesehen habe, der sich auf Jhang zubewegte und dass er möglicherweise auf dem Wege nach Karachi sei. Aber der Bericht blieb unbeachtet, denn vier andere Geheimdienste hatten übereinstimmend gemeldet, der Kalif sei definitiv mit seiner Eskorte auf dem Wege nach Islamabad und habe bei seinem Cousin in Jehlum einen Stopp für die Nacht eingelegt.

Der KLM-Flug nach Amsterdam ging ab um 2.00 Uhr und, die 1.000-Kilometer-Reise des Kalifen zum Flughafen wurde ohne Zwischenfälle bewältigt, jedoch nicht ohne Stress für seine Sicherheitsleute.

Am Flughafen wurde er in einen Extraraum geführt und eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit ging er durch die Passkontrolle. Dann wartete er auf den Aufruf, an Bord zu gehen. Der Aufruf erfolgte nicht. Stattdessen kam eine Durchsage, dass es eine Abflugverzögerung geben würde. Der Kalif saß in seinem Raum und wartete.

Langsam verstrich die Zeit. Eine volle Stunde nach der angesetzten Abflugzeit wurde der Flug endlich aufgerufen. Der Kalif, seine Frau und zwei Töchter, sowie Chaudhry Hameed Nasrullah Khan, Amir von Lahore und der pensionierte Offizier nahmen Platz zu einem achtstündigen Direktflug nach Amsterdam.

Es bestand kein Zweifel daran, dass die Verspätung mit dem Kalifen in Zusammenhang stand, aber es sollte noch einige Monate dauern, bis sie erfuhren, wie nahe daran sie tatsächlich gewesen waren, verhaftet zu werden.

Die Passbeamten hatte ein Schreiben direkt von General Zia vorliegen. Es war an alle Flug- und Seehäfen, sowie an alle Grenzposten ergangen. Es besagte, dass es „Mirza Nasir Ahmad, der sich der Kalif der Ahmadiyya-Bewegung nennt“, nicht erlaubt sei, Pakistan zu verlassen. Da nimmt die Verspätung nicht Wunder.

General Zia hatte sehr oft mit dem Dritten Kalifen zu tun gehabt und so war es dessen Name, Mirza Nasir Ahmad, den er aus Versehen auf das Schreiben hatte setzen lassen, nicht den des Vierten Kalifen.

Er hatte dem Dritten Kalifen, der schon seit über zwei Jahren verstorben war, verboten, das Land zu verlassen.

Der Pass des Vierten Kalifen dokumentierte deutlich, dass er Mirza Tahir Ahmad hieß und Oberhaupt der Ahmadiyya Gemeinde war.

Während der Stunde, die sie warten mussten, hatte die Passkontrolle versucht, irgendjemanden in Islamabad ans Telefon zu bekommen, der die Konfusion beseitigen könnte, aber um zwei Uhr in der Frühe konnte niemand erreicht werden, um das Problem zu lösen. Möglicherweise war ja die Order schon zeitlich längst „überholt“. Und außerdem gab es da ja noch die offizielle Information, dass der Kalif unterwegs nach Islamabad wäre.

Schließlich erteilten die zuständigen Beamten die Starterlaubnis.

Die Nachricht von seiner Emigration machte Schlagzeilen in aller Welt. Die Muslime Pakistans und Indiens hörten die Details seiner Ausreise und seiner Zukunftspläne aus seinem eigenen Mund, denn der BBC-World-Service brachte ein Zwölf-Minuten-Interview sowohl in englischer Sprache, als auch in Urdu.

Zia hatte gehofft, die Ahmadiyya Bewegung mundtot zu machen. Stattdessen hatte er ihr ihre bislang größte Chance eröffnet. London ist einer der Knotenpunkte der Welt. Von London aus hatte der Kalif nun beste Voraussetzungen, um die Ahmadiyya Bewegung in ihrer Mission, die Welt zu bekehren, voranzuführen.

„Gottes Wege sind wunderbar“,

sagte der Kalif später.

Ian Adamson, Ein Mann Gottes – Das Lebens des Khalifatul-Masih IV, Verlag Der Islam, 2000, S.241-243, 251-273